Bericht zur Eröffnungsveranstaltung des Mosel-Musikfestivals

Sonntagnachmittag am 6.Juli – Eröffnungsveranstaltung des Mosel-Musikfestivals in der Trierer Pauluskirche: Die Festreden sind gehalten, Stille breitet sich aus im Saal, eingehüllt in violett fluoreszierendes Licht und Theaternebel stehen wir auf der Bühne – jetzt wird’s ernst: Und es bleiben nur noch Sekunden für die bangen Fragen, die einem noch so durch den Kopf schwirren… Als erste löst sich die, ob man trotz der dramatischen Lichteffekte noch die Noten wird lesen können – wir sind ja von unseren sonstigen Konzerten immer eher «konservative Beleuchtungstechniken» gewohnt – wenige Sekunden, nachdem das Orchester mit der Instrumentaleinleitung zum «Gloria» aus Bachs h-Moll-Messe begonnen hat. Ja, es geht – und zwar sehr gut!

Und mit jedem Ton des Main-Barock-Orchesters aus Frankfurt, das sich mit wunderbarer Leichtigkeit durch dieses «Intro» tanzt, verlieren auch die anderen bangen Gedanken jede Bedeutung: War dieses anspruchsvolle Programm vielleicht unterprobt? Schliesslich blieben uns nur wenige Abende, die der eine oder die andere dann dem Engagement bei anderen Ensembles abtrotzen musste – oder eben auch nicht, wenn eben diese Ensembles selber Generalproben oder Aufführungen hatten. Oder es stellten sich uns andere Hindernisse in den Weg – etwa jemand, der die Fahrleitung im Bahnhof Olten als Bühne für sich entdeckte und damit Ensemblemitgliedern mit längerer Anreise ebendiese verunmöglichte. Von daher vielleicht kein ganz unbegründeter Verdacht, dieses «unterprobt»?

Ja, mag sein, dass es das war, aber in einem siebenstündigen Probenmarathon in der zur Turnhalle (wie passend….) umfunktionierten vormaligen Abteikirche St.Maximin hatte Frank Orchester, Chor und die Solist:innen zwischen Sportmatten, Leichtathletikgeräten und vor allem auf einem maximal dämmenden Sporthallenboden zu einem hervorragend interagierenden Ensemble zusammengeführt, das nun am Konzertort ausprobieren und gemeinsam geniessen durfte, wie die gemeinsam erzeugten Klänge in einer Akustik ertönen, die diesen Namen auch verdient. Und so schwinden mit jedem Ton auch die letzten Bedenken hinsichtlich des gemeinsamen Ensembleklangs und man kann sich ganz dem (be-)rauschenden Fest barocker Lebensfreude hingeben, das es letztlich für alle Beteiligten wurde: Bot das «Gloria» aus der h-Moll-Messe von Johann Sebastian Bach dank der zahlreichen Arien, die unsere fünf Solist:innen mit Bravour meisterten, dem Chor noch ein paar Momente zum Erholen und reinen Geniessen, wurden wir beim anschliessenden «Dixit Dominus», dann doch intensiv gefordert, auch wenn uns unsere Solist:innen in den Chorpartien unterstützten – merci vielmals dafür! Der sonst häufig mal zum «typisch pompösen Barock» neigende Händel schuf hier ein Werk, dass seine Entstehung während eines Italien-Aufenthalts des Komponisten nicht verbergen kann und nur so von südländischem Temperament und Esprit strotzt. Die in den Augen des Verfassers kompositorisch leicht schwächelnde Schlussfuge («Regentanz») geriet in dem Ambiente aus Licht und Raucheffekten und dank Franks genialer Tempowahl zu einem wilden Reigen aus Tönen, Worten, Licht und Rauch, in dem die Säulen der von etwas grober wilhelminischer Neoromanik geprägten Pauluskirche im Auge – zumindest des parallel noch Noten lesenden – Betrachters glatt zu römischen Tempelruinen mutierten (im an antiken Bauzeugen nicht ganz armen Trier keine ganz so absurde Vorstellung) und beim einen oder anderen Ausführenden auch schon fast rauschhafte Zustände aufkommen liessen.

Das «Magnificat» führte uns zum Abschluss wieder in die Arme Johann Sebastian Bachs zurück und beschloss dieses grandiose Konzert – nicht ganz: Als Zugabe durften wir noch das «Dona nobis pacem» aus Bachs h-Moll-Messe präsentieren: Musikalisch eine Wiederholung des «Gratias agimus» aus dem «Gloria» – aber textlich eine der dringlichsten Botschaften unserer Zeit.

Ein riesiges Dankeschön geht an alle, die dieses Erlebnis ermöglicht haben: unsere fünf Solist:innen, die bewiesen haben, dass auch in ihrer Mischung «oberer Zürichsee» und «Mosel» gut zusammenpassen, das grandiose Orchester und natürlich unseren musikalischen Leiter, der alle Ausführenden zusammengespannt und viele Stunden in die Vorbereitungs- und Probenarbeit investiert hat und sich seinen Optimismus zu keiner Stunde – und keinem Rückschlag, den so ein Projekt fast zwangsläufig mit sich bringt – hat nehmen lassen.

Auf ein Neues!