Wolfgang Amadeus Mozart:
Symphonie Nr. 40 g-Moll, KV 550 // Grosse Messe c-Moll, KV 427
Die Tristesse und Melancholie sind von bezwingender Schönheit
Mathias Husmann schreibt in seinen «99 Präludien fürs Publikum»: Die Tutti sind lang und wild; es herrscht eine finstere Brillanz, denn selbst Zorn zu komponieren macht Spaß! Vielleicht liegt der Erfolg der „großen g-Moll-Sinfonie“, wie sie in Abgrenzung zur kürzeren Sinfonie g-Moll KV 183 genannt wird, auch genau da-rin: dass die Tristesse und Melancholie von solch bezwingender Schönheit und in solch klarer Musiksprache auskomponiert wurden, dass ausnahmslos jeder Hörer von diesem Werk sofort eingenommen wird.
Mozarts vorletzte Symphonie gehört zu den bekanntesten Werken der Musikgeschichte
Wo es um die letzten Werke eines Komponisten geht, ist die Legendenbildung nicht weit. Seine letzten drei Sinfonien komponierte Mozart im Sommer 1788 innerhalb weniger Wochen, voller Geldsorgen und «schwarzer Gedanken», wie der Komponist in einem Brief schrieb. Die Auffassung, dass Mozart diese Sinfonien ohne Auftrag und ohne Hoffnung auf eine Aufführung komponiert habe, ist indes ein Mythos des 19. Jahrhunderts, um das romantische Vorurteil vom verarmten, nicht weiter beachteten Genie vermeintlich zu bestätigen.
Es scheiden sich noch immer die Geister darüber, inwiefern die Sinfonien 39 bis 41 als Trilogie zu verstehen sind oder nicht. Nicht nur innerhalb dieser Trias gehört die vorletzte Sinfonie g-Moll KV 550 zu den bekanntesten Werken der Musikgeschichte. Das berühmte Eröffnungsmotiv tönt durch diverse Fernsehwerbungen, auch als Handyklingelton erfreut es sich überbordender Beliebtheit. Wieder einmal geht der enorme, weit über die Klassikgrenzen hinaus reichende Erfolg des Werks auf die Mozart’sche Meisterschaft zurück, kompositorische Komplexität und eine bezwingende musikalische Einfachheit zu vereinen. Ohne den Einsatz von Pauken und Trompeten wirkt die Sinfonie düster und melancholisch und ist somit der introvertierte Gegenpart zur strahlenden letzten Sinfonie mit dem Beinamen «Jupiter».
Grosse Messe c-Moll, KV 427
Keine Frage – die Grosse Messe in c-Moll, KV 427, fasziniert. Allein schon von «der» Messe zu sprechen, trifft es nicht, liegt doch im Original nicht mehr vor als ein musikalischer Torso voller Rätsel und Probleme – und voll großartiger Musik. Was sich erhalten hat, ist Fragment, in mehrfacher Hinsicht.
Fassung von Alois Schmitt – Mai 1901
Über die Entstehungsgeschichte der Messe und seine Überlegungen bei der Einrichtung des Werkes gibt Alois Schmitt im Vorwort zur Erstausgabe seiner Bearbeitung (datiert Mai 1901) Auskunf:
Ein seltsames Verhängnis ist es gewesen, dass Mozart seine beiden bedeutenden Werke kirchlicher Gattung, die grosse c-Moll-Messe und das Requiem, nicht beenden sollte. Bei letzerem nahm der Tod ihm die Feder aus der Hand, ersteres blieb unvollendet durch die Verkettung ungünstiger Umstände. Ihre Entstehung verdankt sie einem Versprechen, welches er seinem Vater gegeben, eine grosse Messe zu schreiben und sie in Salzburg aufführen zu wollen, wenn er Konstanze als seine Gattin dahin bringen werde. Das junge Ehepaar traf im Juli 1783 in Salzburg ein, von der Messe waren aber nur Kyrie, Gloria, Sanctus und Benedictus fertig. Am 26. Oktober desselben Jahres fand die erste Aufführung in der St. Peterskirche zu Salzburg statt. Es ist NICHT anzunehmen, dass Mozart bei der Salzburger Aufführung sich mit einem Fragment begnügt haben sollte. Wahrscheinlich wird er, wie auch Otto Jahn (Mozart Biopraph) meint, dass Fehlende durch Stücke aus früheren Messen ergänzt haben.
Alois Schmitts Wunsch, Mozarts c-Moll-Messe möge von Dresden, der Stätte der Wiedererweckung, aus ihrem Weg durch die ganze Welt nehmen, ist auf eine so glän-zende Art und Weise in Erfüllung gegangen. Die Messe c-Moll steht heute gleichermassen geliebt und bewundert in einer Reihe neben den grossen oratorischen Werken Bachs, Händels, Haydns und Beethovens.
Obwohl die Einrichtung Alois Schmitts später mehrfach der Kritik ausgesetzt war, entschliesst sich der Verlag Breitkopf und Härtel zu einem Nachdruck der c-Moll-Messe in der Fassung von Alois Schmitt. Die Eingriffe des Bearbeiters in die Originalpartitur verraten eine derart behutsame und stilkundige Hand, dass es schwerfällt, sich eine bessere Lösung vorzustellen.